Hypothesen zum Thema Rumpfstabilität haltbar?
Die Stabilisierung der Rumpfmuskulatur hat in vielen Bereichen der Rehabilitation, Rückenschule und Trainingswissenschaften einen hohen Stellenwert. Verschiedene Hypothesen halten sich hartnäckig und werden kaum in Frage gestellt, obwohl es schon einige Beweise gegen die Theorien gibt.
- wird der Rumpf nach vorn gebeugt, dann müssen die Rückenmuskeln arbeiten, um das Gewicht zu halten – kräftige Rückenmuskeln erleichtern die Vorbeuge und das Heben
- Rückenmuskeln müssen kräftig sein und ein stabiles Korsett bilden, um die Bandscheiben zu entlasten
- Rückenschmerzen verursachen Muskelverspannungen, die durch Kräftigung der Rückenmuskeln und Bauchmuskeln gelindert werden
Zur Hypothese 1:
Die Idee ist sehr alt und beruht auf der Hypothese, dass der Rücken durch Lastarm und Kraftarm funktioniert. Scheinbar ist das in der Natur leider nicht so, da ein sogenanntes „Streß-Relaxationsphänomen“ zu beobachten ist. Das bedeutet, dass die Muskeln bei Vorneige sogar fast aufhören zu arbeiten! Andere Strukturen übernehmen die Arbeit und ermöglichen uns, selbst schwere Gewichte zu heben. Diese Strukturen sind die Bindegewebe – also die Faszien des Rückens.
Zur Hypothese 2:
Diese Hypothese hält sich hartnäckig, obwohl sie unlogisch ist. Wir haben im Körper nur Muskeln, die sich zusammenziehen können. Da die Muskeln die einzelnen Wirbelkörper verbinden, können die Muskeln durch Verkürzung nur dazu beitragen, die Wirbelkörper zusammenzupressen! Zwischen den Wirbelkörpern befinden sich die Bandscheiben. Daher werden folglich durch Muskelverkürzung auch die Bandscheiben zusammengepresst und nicht entlastet ! Allein durch die Faszienspannung können die Muskeln in ihrer Arbeit entlastet werden. Sekundär können die Bandscheiben dadurch entlastet werden.
Zur Hypothese 3:
In verschiedenen Studien ließ sich kein Zusammenhang zwischen starken Rumpfmuskeln und Rückenschmerzen feststellen. Andererseits läßt sich zeigen, dass durch Störungen der Faszien des Rückens die Funktion der Faszie eingeschränkt ist. Die gestörte Funktion führt wiederum dazu, dass die Rückenmuskeln vermehrt arbeiten müssen (also „verspannt“ sind). Dieses führt zum gesamten Erscheinungsbild des „Rückenschmerzpatienten“ : der Patient hat Schmerzen, eine eingeschränkte Funktion des Rückens (wie z.B. Instabilität der Wirbelsäule, eingeschränkte Belastbarkeit, etc.) und „Verspannungen“ der Rückenmuskeln. Normalerweise folgt entsprechend die Therapie mit Massagen / Wärmeanwendungen oder medikamentösen Therapie zur Lockerung der Muskulatur, Schmerzmitteln, und der Stabilisierung des Rumpfes. Durch die gezielte Therapie der Faszien lassen sich die Symptome oft besser regulieren.
Bei Fragen zum Thema können Sie mich gern ansprechen. Literaturhinweise zu diesem spannenden Thema können Sie auch gern bekommen!